Die ESPON Woche unter französischer Ratspräsidentschaft fand vom 30. Mai bis 2. Juni 2022 in einem hybriden Format statt. Sie bot die Gelegenheit, verschiedene Themen wie die digitale Wende im Öffentlichen Dienst, das kulturelle Erbe, den nachhaltigen Verkehr, die Reindustrialisierung von Städten und interregionale Beziehungen vorzustellen und zu besprechen. Außerdem lag der Schwerpunkt auf den kurz- und langfristigen Auswirkungen, die die Pandemie und der Krieg in der Ukraine für Europa mit sich bringen.
Ein Höhepunkt der Woche war das ESPON Seminar zum Thema „Stronger together: recovering through crises“, in dem die neuesten Forschungsergebnisse zu diesem breiten Thema und relevante politische Fragen diskutiert wurden. Zu den Rednern des Seminars im ersten Panel gehörten Mariana Mazzuccato, Professorin am University College London, Peter Berkovitz, Direktor für Politikgestaltung und Wirtschaftsanalyse bei der Europäischen Kommission (DG REGIO), Carlos Llano, Professor an der Universidad Autónoma de Madrid, und viele andere.
Mariana Mazzuccato argumentierte, dass „wir es nicht geschafft haben, einen Rahmen für den öffentlichen Sektor als Mitgestalter aufzubauen“. Der Professorin zufolge muss der öffentliche Sektor an der Seite des Privatsektors eine ganz andere Art von Zukunft (mit)gestalten und nicht nur die Laufbahn korrigieren. Sie ist der Ansicht, dass der Aufbauplan NextGenerationEU (NGEU) ohne die Fähigkeit des öffentlichen Sektors, ihn umzusetzen, seine Wirkung nicht entfalten wird. Als EU-Mitglied wird Luxemburg auch von NGEU duerch die Aufbau- und Resilienzfazilität und die REACT-EU-Initiative profitieren. Das Land erhält im Rahmen der REACT-EU-Initiative fast 140 Millionen Euro, um die unmittelbaren Auswirkungen der Covid-19-Pandemie abzumildern.
Peter Berkovitz stellte die wichtigsten Schlussfolgerungen des 8. Kohäsionsberichts vor. Seiner Meinung nach liegen die größten Herausforderungen für den territorialen Zusammenhalt in der Entwicklungsfalle, der zunehmenden Innovationskluft zwischen den europäischen Regionen, der Qualität der Governance, dem Übergang zu einer CO2-neutralen Wirtschaft und dem demografischen Wandel. Diese Themen gehören auch zu den Prioritäten Luxemburgs, um den wachsenden Anforderungen an Lebensqualität, Wirtschaftsleistung und Umweltgleichgewicht gerecht zu werden.
Carlos Llano präsentierte einige aufschlussreiche Ergebnisse des ESPON-Projekts IRIE zu interregionalen Beziehungen sowie zu Warenströmen und Personenbewegungen zwischen den Regionen der EU. Er betonte, dass die COVID-19-Pandemie zwar der schlimmste Schock für die europäische Wirtschaft seit dem Zweiten Weltkrieg gewesen sei, aber die im Rahmen des Aufbauplans NextGenerationEU bereitgestellten Mittel dem Schock der Pandemie entgegenwirken können und die europäischen Regionen, zwar unterschiedlich aber doch grundsätzlich, von den Aufbaumitteln profitieren. Außerdem fügte er hinzu, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges in der Ukraine zwar geringer seien als die der Pandemie, der Krieg aber dennoch die Gefahr berge, die Unterschiede zwischen den Regionen zu vergrößern. Der Krieg würde sich auch auf die Wirtschaft Luxemburgs auswirken, unter anderem durch die steigenden Energiepreise im Land. Darüber hinaus könnte die allgemeine Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung die Investitionen drosseln und den Konsum in Luxemburg hemmen.
Im Anschluss an das Auftaktpanel folgten weitere Workshops mit Forschern und Stakeholdern zu einer großen Spannbreite an Themen inhaltlicher Art, wie z.B. „Sozialer Zusammenhalt und Resilienz während der COVID-19-Pandemie“ und „Digitale Innovation in der Verwaltung und Gewährleistung öffentlicher Dienstleistungen“. Die Workshops boten aber auch die Gelegenheit Projekte methodischer Natur zu beleuchten, wie bspw. das ACTAREA Projekt („Thinking and Planning in Areas of Territorial Cooperation“), bei dem es um die Abgrenzung von territorialen Handlungsräumen geht und dessen Methodik auch bereits in Luxembourg Anwendung gefunden hat. Darüber hinaus ist „DIGISER - Digital Innovation in Governance and Public Service Provision“ ein weiteres ESPON-Projekt, das während den Workshops vorgestellt wurde und eine Fallstudie zu Luxemburg enthält(siehe auf das Programm der Konferenz).
Die Videoaufzeichnungen der ESPON Woche sind hier verfügbar und die Präsentationen finden Sie auf der ESPON-Website.